Rio de Janeiro, September 2008 – Das Naturschutzgebiete – Mosaik Juatinga / Cairuçu / Mamanguá ist eines der interessantesten Trekking – Ziele im Süden Rio de Janeiros. Nachdem Bianca und ich bereits viele Male die klassischen Wege der Halbinsel durchwandert hatten, war es nun Zeit, die weniger bekannten Trails, im Norden des Reservates zu erkunden.
Mit dem Bus ging es zunächst von Paraty in Richtung Paraty – Mirim, bis zum unmarkierten Trail – Head, auf einer staubigen Sandstraße, an einer Art Bushaltestelle, die diesen Namen allerdings nicht wirklich verdient.
Von dort steigt der Weg relativ steil auf ca. 350 Hm an, vorbei an bzw. durch einen Teil des hiesigen Guarani – Indianerreservates. Danach geht es immer bergab, bis nach Curupira, einem kleinen Caiçara – Dorf, deren Bewohner neben dem Fischfang, von Caixeta – Schnitzereien leben.
Ab und zu öffnet sich der Regenwald und gibt den Blick frei auf den ca. 1.100 m hohen Pico do Cairuçu, den höchsten Gipfel des Reservates und auf die sichelförmige, von Pionierformationen umgebene Ponta da Foice, am Ende des Saco do Mamanguá.
Von Curupira ging es mit einem kl. Fischerboot über den Mamanguá nach Cruzeiro, ein anderer kl. Fischerort, am Fuße des Pão de Açúcar, der hiesigen Konkurrenz zum Zuckerhut in Rio de Janeiro.
Da es noch relativ früh am Nachmittag war, nutzten wir die Gelegenheit, diesen imposanten Brasiliano – Graniten zu besteigen.
Ich erinnere mich noch, daß am Gipfel so heftige Windböen waren, daß wir nicht aufrecht stehen konnten.
Kurz vor Sonnenuntergang waren wir wieder am Strand von Cruzeiro, wo wir bei der überaus herzlichen Dona Maria und Ihrem Ehemann Orlando, protestantischer Pfarrer und Fischer des Ortes, unser Zelt für die erste Nacht aufschlugen.
Am nächsten Tag sollte es zur Praia Grande, auf der anderen Seite des Gebirgszuges gehen. Laut Orlando gab es dazu angeblich zwei Möglichkeiten, entweder über einen kl. Pass weiter nördlich bei Engenho, oder aber im Süden von Baixio aus. Beides waren für uns Erstbegehungen, von der ersten Möglichkeit hatte ich schon öfter gehört, der Trail von Baixio war mir dagegen völlig neu.
Mit etwas Zweifel, ob es diesen Trail denn wirklich gab bzw. wenn ja, ob dieser begehbar ist, machten wir uns früh am Vormittag nach Baixio auf. Dort angekommen, verwiesen uns die Bewohner des Ortes alle an einen Caiçara, dessen Name mir leider entfallen ist, da dieser der einzige wäre, der diesen, relativ langen Trail noch ab und zu begehen würde.
Nach etwa 1 / 2 Stunde fanden wir Ihn dann auch, ein kl. karger Mann mit zerrissener, kaki – farbener Uniform (wahrscheinlich ein Jäger), der sich ziemlich über unser Interesse an dieser Überquerung wunderte, uns dann aber sehr freundlich den Trail – Zugang erklärte und uns auch noch sein Buschmesser mitgab, falls die eine oder andere Stelle etwas zugewachsen wäre. So wir die Praia Grande denn erreichen würden, sollten wir das Messer einfach dem einzigen Bewohner des Strandes, einem Verwandten von Ihm geben.
Ich will diese Überquerung hier nur kurz zusammenfassen, sie ist ziemlich lang (Bianca und ich haben fast 6 Stunden gebraucht), mit vielen Verzweigungen, 2 Wasserstellen und vor allem auf der anderen Seite der Berge kann von Trail, über weite Stellen keine Rede mehr sein.
Mehr oder wenig im Blindflug kamen wir irgendwie abends an der Praia Grande an, wo der Verwandte unseres Caiçaras fast vom Hocker fiel, als er uns aus dem Regenwald kommen sah und wir Ihm das Buschmesser überreichten. Ich bin bis heute stolz darauf, diese Überquerung geschafft zu haben, leider hatte ich zu der Zeit noch kein GPS, denn die Daten würden mir bei einem erneuten Versuch sicher enorm helfen.
Die nächsten beiden Nächte zelteten wir bei einer Caiçara – Familie, etwas nördlich der Praia Grande, denn wir wollten ja noch die andere Querung, über Engenho ausprobieren.
Diese ist wesentlich kürzer und einfacher, hin und zurück brauchten wir vielleicht 6 Stunden, allerdings gibt es auf dem Rückweg vom Mamanguá eine Stelle, wo der Trail geradeaus weitergeht (ansteigend) und gleichzeitig nach recht verzweigt (absteigend). Instinktiv geht man geradeaus weiter, was aber falsch ist. Gustavo und Carol, ein junges Ehepaar in den Flitterwochen, daß wir trafen (er ein angeblich erfahrener Tour – Guide aus der Serra dos Órgãos) hatten sich am Vortag genau dort verlaufen und mußten umkehren.
Unsere Gastgeber an der Praia Grande waren sehr nett, allerdings stimmte es etwas nachdenklich, daß die beiden Söhne bereits Alkoholiker waren, weshalb die Mutter uns bat, nach Möglichkeit keinen Alkohol vor ihren Söhnen zu trinken.
Da Carol und Gustavo auch nach Martim de Sá, unserem nächsten Ziel wollten, entschieden wir gemeinsam zu gehen. Das ging natürlich ziemlich in die Hose (Paar in den Flitterwochen und so …), wir brachen viel zu spät auf und waren erst kurz vor Sonnenuntergang in Pouso de Cajaíba, von wo es noch 1 1 / 2 Stunden über einen Berg nach Martins waren.
Im Aufstieg wurde es dann schnell dunkel, was an für sich kein Problem war, da (zumindestens Bianca und ich) Taschenlampen mithatten und ich diesen Teil des Weges ausgiebig kannte. Aber wie das so ist, im dunkeln sieht alles anders aus und an einer Abzweigung meinte Gustavo rechts und ich links. Da ich mit einem Jungvermählten nicht streiten wollte, gingen wir rechts. Obwohl mir schon nach 5 Minuten klar war, daß dies hier nicht der Weg war, konnte Gustavo erst nach einer halben Stunde davon überzeugt werden, daß er sich geirrt hatte. Gegen 22:00 waren wir dann in Martim de Sá.
Am nächsten Tag bestiegen Bianca und ich dann Miranda, einen Aussichtsgipfeln auf etwa 600 Hm, der für mich mit zu dem schönstem zählt, was die Mata Atlântica zu bieten hat. Die Kulisse erinnert ein wenig an den Pico de Papagaio auf der Ilha Grande ist aber viel urwüchsiger, da seltener begangen.
Zurück in Martins, trafen wir auf einen etwas enttäuschten Gustavo, der wohl gerne mitgegangen wäre und seinem Unmut freien Lauf ließ, daß seine junge Frau immer nur am Strand hocke.
Mittlerweile bereits etwas müde von den langen Wanderungen und dem etwas reduziertem Komfort im Zelt, beendeten wir unseren Juatinga – Aufenthalt mit einer langen Wanderung (4 h) zur Ponta da Juatinga, einer von der Welt abgeschnittenen Fischer – Community, im etremen Nordosten der Halbinsel.
Der Trail ist nicht einfach, verläuft weitgehend durch geschlossenen Regenwald und an der ersten Gabelung, nach dem ersten Anstieg (150 Hm), geht es links weiter über den Grat. Im Abstieg folgt dann eine weitere Gabelung, links geht es nach Pouso und rechts, weiter abwärts, zum unbewohnten Strand Samuca. Danach wird der Trail dann etwas offener, mit weiteren Abzweigungen, aber mit etwas Orientierung kommt man schon durch.